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Seine Geschichte...

Hallo, mein Name ist Rodin. Ich stamme aus Syrien und bin einer der Menschen, der aus Syrien geflohen und nach Deutschland gekommen ist. Wir haben unser Land verlassen, wegen dem Krieg, den Bomben, Raketen und all dem Blut. Ich musste mich entscheiden ob ich in Syrien bleibe und mit einer Waffe gegen meine syrischen Brüder kämpfe unabhängig davon welcher Religion sie angehören. Eine Waffe gegen jemanden richten, oder flüchten vor all den Morden und dem Blut – ich habe mich für für den zweiten Weg die Flucht entschieden, weil ich den Frieden liebe und meine syrischen Brüder nicht töten möchte.

Die Reise in den Tod begann für mich am 01.06.2015.

Die Qual begann, als wir Syrien in Richtung Türkei verließen. Ich ging mit meiner Schwester, ihr Name ist Rouwaida. Sie war wie ein Schmetterling. Wir blieben etwa einen Monat in der Türkei und versuchten wie alle syrischen Menschen irgendwie zu entkommen. Der erste Versuch war mit einem Schlauchboot. Vermutlich kennen alle Syrier diese Boote, es sind kleine Boote die mit 50 Menschen überladen und Richtung Tod geschickt werden. Der Erste Anlauf scheiterte. Wir mussten es erneut versuchen. Meine Schwester weigerte sich, weil sie das Schlauchboot für zu gefährlich hielt und sagte, sie könnte das nicht tun. Wir entschieden uns einen anderen Schlepper zu suchen und fanden einen. Er sagte mir, er habe ein normales Boot und könne uns zur anderen Seite – nach Griechenland bringen. Wir zahlten im mehr, um die Sicherheit meiner Schwester zu gewährleisten. Dieses Datum wird immer in meinem Kopf bleiben.

07.07.2015 dieser Tag hat mein Leben verändert. Wir starten um 2:00 Uhr nachts. Es ist komfortabel, es ist ein Boot mit mehr Sicherheit und er wird uns auf die andere Seite bringen, es ist nicht wie das Schlauchboot. Nach 20 Minuten - es war ein schnelles Boot aber alt, vielleicht wurde es normalerweise von einem Fischer genutzt - nach diesen 20 Minuten veränderte sich mein Leben. Ich weiß nicht was geschehen war, aber der Schlepper aus der Türkei hielt den Motor an und sprang ins Meer und innerhalb von 2 Sekunden begann das Boot zu sinken.

Es war ein kleines Boot, ich und meine Schwester waren in einem kleinen Raum innerhalb des Bootes, hier sollten wir sitzen und uns nicht bewegen. Bei uns waren 3 Kinder und 3 andere Frauen als das Boot zu sinken begann ....... ich kann noch immer ihre Stimmen hören ......... die Kinderstimmen im Raum, das Boot sank unter Wasser, wir waren immer noch in diesem Raum und konnten nicht raus, ich wusste ich würde sterben. Ich weiß nicht wie, aber in diesem Moment erinnerte ich mich an meine Töchter und meine Frau und sah, dass sich etwas öffnete und versuchte heraus zu kommen. Bei uns war eine Frau, ich kann mich nicht mehr genau an sie erinnern, aber ich hielt ihr Bein. Sie hatte Angst und weigerte sich meine Hilfe anzunehmen. Die Situation war hart und es war dunkel im Wasser, ich hatte den Geschmack von Salz in meinem Mund, holte Luft und versuchte diesen Raum zu verlassen und an die Wasseroberfläche zu kommen. Ich war der Einzige. Als ich an der Oberfläche war, hörte ich die Stimmen der Menschen, sie schrien und die Kinder weinten. Diese Stimmen kamen von den Menschen, die auf dem Dach des Bootes waren. Ich fing an so laut wie möglich zu schreien: „Rouwaida ….. Rouwaida“

Ich wartete in der Hoffnung, dass sie gleich rauskommen würde, ich wartete und wartete. Aber sie kam nicht.

Die Wellen wurden größer und trugen uns weg, ich versuchte zu schwimmen und zu schwimmen, aber die Wellen stoppten mich. Ich sah die Griechische Küste, aber ich konnte sie nicht erreichen. Ich schwamm und schwamm und fühlte mich müde, nach 6 Stunden fand ich eine Insel und ich warf mich auf sie. Um diese Insel waren Felsen von denen ich die Narben an meiner Hand habe, als ich mich daran versuchte fest zu halten. Dort sah ich den Vater der Kinder, die mit uns im Raum waren. Er weinte, schrie und machte sich selbst Vorwürfe, er sagte: „Was habe ich mir selbst und meiner Familie angetan?“. Ich versuchte ihn zu beruhigen, trotz all meines eigenen Schmerzes. Aber ich konnte ihn nicht beruhigen. Wir entschieden uns zusammen zu einer der bewohnten Inseln zu schwimmen um die Küstenwache zur Hilfe zu holen für die anderen. Wir schwammen und schwammen, aber die Wellen waren gegen uns. Nach 3 Stunden schaute ich mich um und versuchte ihn zu finden, er war verschwunden.

Es war 13:00 Uhr oder 14.00 Uhr und ich versuchte durchzuhalten. Ich begann meine Sachen auszuziehen. Das erste was ich auszog waren meine Schuhe, dann meine Hosen, mein Pullover, alles. Ich hatte das Gefühl eine schwere Last auf meinen Schultern zu tragen. Eine Sache die ich behielt, war dieses Armband von meinen Töchtern und meiner Frau. Immer wenn ich es ansehe erinnert es mich an sie, sie gaben es mir in der Hoffnung dass ich am Leben bleibe. Nach 10 oder 11 Stunden im Meer verlor ich meine Hoffnung, ich sagte es ist genug und wollte sterben. Nach dieser Zeit übergab ich mich selbst dem Schicksal. Plötzlich hörte ich die Geräusche eines Bootsmotors und dachte ich würde halluzinieren. Bevor das geschah stellte ich mir Fotos meiner Töchter vor, wie sie spielten. Ich erinnerte mich an die Geburt meiner Kinder und mein ganzes Leben lief vor mir ab. Dann sah ich hinter mich und sah, dass die Küstenwache auf mich zukam. Ich begann zu schreien und es war das erste Mal, dass ich wirklich schrie: „Hilfe ... Hilfe“ Sie hielten an und kamen zu mir, ich fühlte mich wie neu geboren, schrie aber immer noch. Die Küstenwacht kam näher an mich heran und sagte ich sollte aufhören zu schreien, aber ich konnte nicht. Er warf mir die Rettungsleine zu. An dieser Stelle glaubte ich, dass mein Gott mich gerettet hat für meine Töchter und meine Frau, weil sie für mich gebetet haben, ebenso wie meine Eltern. Vielleicht rettet Gott mich auch, um Euch meine Geschichte erzählen zu können.

Das syrische Volk flieht nicht vor dem Tod um einen anderen Tod zu finden. Das syrische Volk flieht nicht wegen Lebensmitten oder Geld, sie fliehen weil sie Frieden möchten, weil sie ihre syrischen Brüder lieben und wir heben unsere Religion nicht über eine andere. Und ich bin mir sicher, wenn alles vorbei ist werden die Syrer nach Hause zurückkehren. Weil sie Ihre Heimat lieben und diese wieder aufbauen möchten.

Der Rest der Flucht war wie die Flucht eines jeden anderen. Es war eine Qual, wir mussten stundenlang zu Fuß durch den serbischen Wald laufen, danach durch Ungarn. Die Demütigungen wenn wir die Grenzen überqueren wollten. Das syrische Volk ist diese Erniedrigungen nicht gewohnt, aber jetzt sind wir es und lassen über uns ergehen um unseren Kindern ein gutes Leben zu ermöglichen. Auf meiner Reise fragten mich einige, was mein Ziel sei und warum ich Deutschland gewählt hätte. Und natürlich war Deutschland mein Ziel, weil wir viel über das deutsche Volk gehört haben und ich sie sehr respektiere. Deutschland war nach dem 2. Weltkrieg zerstört und hat sich trotz alldem in kurzer Zeit zu einem der stärksten Wirtschaftsländer entwickelt. Sie haben weiterentwickelt und sind zu einem großartigen Volk geworden.

Zum Schluss möchte ich den deutschen Menschen für alles danken, auch für die Gastfreundlichkeit. Ich hoffe und ich wünsche mir, dass ich in mein Land zurückkehren kann um es wieder aufzubauen.